Laurence SchmitzInstitut für Chemiedidaktik | |
Adresse | Gebäude 815, Raum 1.19, Classen-Kappelmann-Straße 24, 50931 Köln |
Telefon | 0221-933-17207 |
lschmi79uni-koeln.de |
Projekttitel:
Förderung der Bewertungskompetenz im Chemieunterricht durch Stärkung der Diagnosekompetenz der Lehrenden
BetreuerInnen: Prof. Dr. Christiane Reiners und Jun.-Prof. Dr. Katharina Groß
Projektbeschreibung:
Die OECD zeigt bei der Definition der naturwissenschaftlichen Grundbildung auf, wie eng der Begriff der Inklusion mit dem Kompetenzbereich „Bewerten“ verknüpft ist:
„Naturwissenschaftliche Grundbildung (Scientific Literacy) ist die Fähigkeit, naturwissenschaftliches Wissen anzuwenden, naturwissenschaftliche Fragen zu erkennen und aus Belegen Schlussfolgerungen zu ziehen, um Entscheidungen zu verstehen und zu treffen, welche die natürliche Welt und die durch menschliches Handeln an ihr vorgenommenen Veränderungen betreffen.“ (Organisation for Economic Co-Operation and Development [OECD], 1999, S. 60, Übersetzung nach Prenzel et al. 2001, S.198)
Denn jeder Mensch soll mit Hilfe dieses Konzepts während seiner schulischen Laufbahn dazu befähigt werden, naturwissenschaftliche Prinzipen und Prozesse zu nutzen, um persönliche Entscheidungen zu treffen und an naturwissenschaftlichen Gesellschaftsdiskursen teilzuhaben (vgl. National Research Council (1996), S. i x).
Dabei ist darauf zu achten, dass jeder Lernende bereits über ein implizites Wissen von Entscheidungsprozessen verfügt, die ihn bei persönlichen Entscheidungen handlungsfähig machen. Dieses implizite Wissen wird durch Erfahrungen in der sozialen Wirklichkeit erworben und äußert sich in unbewussten Denk- und Handlungsschemata (Bourdieu, 1987). Diese Denk- und Handlungsschemata manifestieren sich im Habitus des Individuums, das als Produkt der autobiografischen Geschichte verstanden werden kann.
In der aktuellen Realität des inklusiven Unterrichts trifft man auf ein außendifferenziertes Feld, in dem Akteure mit heterogenen Habitus aufeinandertreffen. Dadurch kann es schnell zu einem Missverhältnis zwischen Habitus und Feld kommen. Die Akteure erkennen Defizite zwischen Habitus und Feld (Bourdieu, 2004), so dass dieses Spannungsfeld als Rahmenbedingung langfristig zur „Transformation des Habitus“ (Sander, 2017, S.54), bzw. zum Lernen, führt.
In den bisherigen Interventionen zur Förderung der Bewertungskompetenz wurde das implizite Wissen über Entscheidungsprozesse weitgehend ausgeblendet z.B.: Eilks, I., Feierabend, T., Hößle, C., Höttecke, D., Menthe, J., Mrochen, M. & Oelgeklaus (2011). Düker & Menthe (2017) zeigen jedoch mit ihren Untersuchungen, dass die Schülervorstellungen bei schülernahen Kontexten entscheidenden Einfluss auf die Bewertung nehmen. Darüber hinaus entwickelte Sander (2017) eine Typologie, die es erlaubt, Orientierungen von Lernenden beim Entscheiden in Kontexten nachhaltiger Entwicklung zu kategorisieren.
Auf der Grundlage dieser Ergebnisse zielt mein Dissertationsprojekt darauf ab, die Diagnosekompetenz der Lehrenden im Hinblick auf die impliziten Wissensbestände von Lernenden im inklusiven Setting bezüglich schülernahen Bewertungskontexten im Chemieunterricht zu analysieren und zu stärken.
___________________________________________________________________________________________________________
Bourdieu, P. (1987). Sozialer Sinn: Kritik der theoretischen Vernunft (1.Aufl.) Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Bourdieu, P., Albagnac, H., Russer, A. & Schwibs, B. (2004). Meditationen: Zur Kritik der scholastischen Vernunft. Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Düker, P. & Menthe, J. (2017). Schülervorstellungen sind entscheidend. Bewertungskompetenz als Bildungserfahrung. Naturwissenschaften im Unterricht – Chemie.
Eilks, I., Feierabend, T., Hößle, C., Höttecke, D., Menthe, J., Mrochen, M. & Oelgeklaus, H. (Hrsg.). (2011). Der Klimawandel vor Gericht - Materialien für den Fach- und Projektunterricht. Hallbergmoos: Aulis
National Research Council (1996). National Science Education Standards. Washington, National Academy Press.
Organisation for Economic Co-Operation and Development (1999). Measuring Student Knowledge and Skills. A New Framework for Assessment. Paris: OECD.
Prenzel, M., Rost, J., Senkbeil, M., Häußler, P., & Klopp, A. (2001). Naturwissenschaftliche Grundbildung. Testkonzeption und Ergebnisse. In Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.), PISA 2000. Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich (S.191-248). Opladen: Leske + Budrich.
Sander, H. (2017). Orientierung von Jugendlichen beim Urteilen und Entscheiden in Kontexten nachhaltiger Entwicklung. Eine rekonstruktive Perspektive auf Bewertungskompetenz in der Didaktik der Naturwissenschaft. In: H. Niedderer, H. Fischler & E. Sumfleth (Hrsg.), Studien zum Physik- und Chemielernen, Band 216, Berlin: Logos.